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Theoretische und rechtliche Grundlagen


4.1    Begriffsklärung – Kindeswohl
„Ein am Wohl des Kindes ausgerichtetes Handeln ist dasjenige, welches die an den Grundrechten und Grundbedürfnissen von Kindern orientierte, für das Kind jeweils günstige Handlungsalternative wählt.“   (Maywald, 2019, S. 21)
Hierzu zählen die Vitalbedürfnisse wie Essen, Schlafen, Schutz vor Gewalt, Kleidung; die sozialen Bedürfnisse wie Liebe, Respekt, Anerkennung, Fürsorge, Freundschaft, Gemeinschaft und die Bedürfnisse nach Kompetenz und Selbstbestimmung wie Bildung, Identität, Aktivität, Selbstachtung.


  1. 4.2    Begriffsklärung – Kindeswohlgefährdung
    Kindeswohlgefährdung ist ein das Wohl und die Rechte eines Kindes beeinträchtigendes Verhalten oder Handeln bzw. ein Unterlassen einer angemessenen Sorge durch Eltern oder andere Personen in Familien oder Institutionen das zu nicht zufälligen Verletzungen zu körperlichen und seelischen Schädigungen und/oder Entwicklungsbeeinträchtigungen eines Kindes führen kann.


    4.3    Begriffsklärung – Gewalt
    Eine wichtige Voraussetzung für den Schutz der uns anvertrauten Kinder ist das Wissen über die unterschiedlichen Erscheinungsformen für Kindeswohlgefährdung:
    •    Psychische Gewalt
    (alle Formen emotionalen Schäden und Verletzungen) z.B. beschämen, ausgrenzen, diskriminieren, bevorzugen, ablehnen & seelische Vernachlässigung z.B. Trost verweigern, ignorieren, nicht eingreifen/ „wegschauen“ bei Übergriffen unter Kindern
    •    Körperliche Gewalt
    (können sichtbare und unsichtbare Verletzungen sein) z.B. festbinden, einsperren, schubsen, zum Essen zwingen & körperliche Vernachlässigung, z.B. unzureichende Körperpflege, mangelhafte Ernährung, unzureichende Bekleidung 
    •    Sexualisierte Gewalt
    (sexuelle Grenzverletzungen, sexuelle Übergriffe oder sexueller Missbrauch an Kindern verübt)

 

  1. Vernachlässigung der Aufsichtspflicht
    Nicht Nachkommen der Aufsichtspflicht kann zu Gewalt führen.

 

  1. Alle Formen der Gewalt stellen eine Verletzung der körperlichen und seelischen Integrität dar und sind damit eine Verletzung der Kinderrechte, Menschenrechte und Freiheiten eines jeden Menschen. 
    Die Grenzen zwischen den unterschiedlichen Gewalten können fließend verlaufen.


    4.4    Formen von Gewalt


    4.4.1    Grenzverletzungen
    Grenzverletzungen geschehen meist spontan und ungeplant, einmal oder gelegentlich und können in der Regel im Alltag korrigiert werden. Sie können aber bereits Ausdruck eines Klimas sein, in dem Übergriffe toleriert werden. Grenzverletzungen resultieren zumeist aus mangelnder Fachlichkeit, persönlichen Unzulänglichkeiten, Stresssituationen oder fehlenden bzw. unklaren Einrichtungsstrukturen und sind nicht selten eine Frage der Haltung!
    z. B. 
    •    Kind ohne Ankündigung die Nase abwischen (körperlich)
    •    im Beisein von Kindern, über andere Kinder abwertend/beleidigend sprechen (verbal)
    •    Kind, erbost/abfällig anschauen (non-verbal)

    4.4.2    Übergriffe
    Übergriffe im Gegensatz zu Grenzverletzungen sind nicht zufällig oder aus Versehen. Sie sind Ausdruck einer Haltung, die sich bewusst über Signale und Zeichen eines Kindes hinwegsetzt.
    z.B. 
    •    Kind so lange sitzen lassen, bis es etwas erledigt oder gegessen hat (körperlich)
    •    Kind bewusst mit einer Aussage beleidigen (verbal)
    •    Wickelsituation in einem ungeschützten Bereich (non-verbal)

 

 

  1. Strafrechtlich relevante Formen der Gewalt betreffen grundsätzlich jegliche Form von körperlicher Gewalt, Maßnahmen des Freiheitsentzugs und alle „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“.
    z. B.
    •    ein Kind schlagen/treten, am Arm ziehen, hinter sich herzerren
    •    ein Kind schütteln, einsperren oder aussperren
    •    ein Kind zum Essen zwingen, Essen in den Mund schieben
    •    ein Kind zum Schlafen zwingen (durch Körperkontakt zum Aufstehen hindern)