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6.    Prävention und Pädagogik


6.1    Einstellung neues Personal
Zur Prävention zählen auch die Erziehungshaltung und die persönliche Eignung des pädagogischen Personals. Deshalb ist es wichtig eine richtige Auswahl bei den Bewerbungen und Vorstellungsgesprächen durch genaues Hinsehen und geeignete Fragen zu treffen.
Eine gute und begleitende Einarbeitung ist ein sehr wertvolles Instrument. Bei der Einstellung sind folgende Abläufe ein wichtiger Baustein zur Prävention:
•    Aushändigung unseres Schutzkonzeptes und den damit verbundenen Verhaltenskodex zu dessen Einhaltung
•    Vorlage eines erweiternden Führungszeugnisses
•    Begrüßungsmappe mit allen wichtigen Informationen und Regeln
•    Online-Fortbildung „Sexualisierte Gewalt“
•    Einarbeitung begleitend durch eine Kollegin mit einem Einarbeitungsleitfaden


6.2    Team


6.2.1    Unsere Zusammenarbeit im Team
Das pädagogische Personal arbeitet als Team in gegenseitiger Akzeptanz und Wertschätzung zusammen und hat ein gemeinsames Grundverständnis einer anerkennenden und unterstützenden Teamkultur.


Zusammenarbeit:
•    In regelmäßigen Teamsitzungen sorgen wir für einen offenen und fachdienlichen Austausch untereinander
•    Wir sprechen über unsere Vorstellungen von fachlich angemessenem Verhalten
•    Wir geben uns gegenseitig Feedback und leben eine offene Fehler- und Feedbackkultur
•    Bei Konzeptionstagen stellen wir sicher, dass wir unser Schutzkonzept in regelmäßigen Abständen gemeinsam reflektieren
•    Bei größeren Konflikten im Team wenden wir uns an eine Fachberatung und holen uns Hilfe
•    Bei akutem Personalmangel helfen wir uns gegenseitig beziehungsweise rufen die Notbetreuung aus
•    Teambesprechungen bei Unsicherheiten, wie man sich etwa in bestimmten Situationen     verhalten soll, finden nach Bedarf des betroffenen Personals in Form einer kollektiven Beratung statt
•    Jahresgespräche mit dem pädagogischen Personal 


Sprache und Wortwahl:
•    Eine präventive und achtsame Haltung wird in Sprache und Wortwahl deutlich.
•    Sie schützt im gegenseitigen Umgang mit Kindern, Eltern und dem pädagogischen Personal vor Diskriminierung, Ausgrenzung und Respektlosigkeit
•    Die Persönlichkeit jedes Menschen muss stets geachtet und respektiert werden unabhängig von Alter, Geschlecht und Herkunft
•    Eine herabwürdigende, beleidigende oder grenzüberschreitende Sprache und Wortwahl gegenüber Kindern und Erwachsenen ist verboten


Aus- und Fortbildung:
•    Neu eingestelltes Personal muss an der Fortbildung „Prävention gegen sexualisierte Gewalt“ teilnehmen
•    Regelmäßig wird das Schutzkonzept vom Team überarbeitet


Selbstverpflichtung:
•    In katholischen Kindertageseinrichtungen finden Kinder Räume vor, in denen sie ihre Persönlichkeit, ihre Fähigkeiten und Begabungen entfalten können. Diese sollen geschützte Orte sein, in denen Kinder angenommen und sicher sind. Kinder brauchen und finden Vorbilder, die sie als eigenständige Persönlichkeit respektieren und unterstützen und denen sie vertrauen können. Die Verantwortung für den Schutz der Kinder liegt bei dem Personal der Kita. In einer Selbstverpflichtungserklärung bekennen sich diese zu ihrem Auftrag und der damit verbundenen Pflichten und Verantwortung allen Kindern und Familien gegenüber
•    Das Personal bekommt die Verpflichtungserklärung ausgehändigt und wird in der Personalakte hinterlegt

Verhaltenskodex:
Der Verhaltenskodex bildet das Verständnis für einen achtsamen und grenzwahrenden Umgang innerhalb unserer Einrichtung.
Er beinhaltet verbindliche Regelungen für den Arbeitsalltag. Das Personal verpflichtet sich zum Schutz der Kinder und zu deren Einhaltung.


6.2.2    Umgang mit Medien und sozialen Netzwerken
Mit Fortschreiten der Digitalisierung gewinnt der sorgfältige Umgang mit sozialen Netzwerken und digitalen Medien zunehmend an Bedeutung.
•    Wir wahren aktiv den Datenschutz, das Persönlichkeitsrecht und das Urheberrecht und beachten bei selbst aufgenommenen Fotos und Videos das „Recht am eigenen Bild“
•    Wir beachten, dass jedes Foto von den Kindern, für deren Verwendung immer das vorherige schriftliche Einverständnis der Eltern vorliegen muss. (z.B. Homepage, Zeitung)
•    Mit dem Betreuungsvertrag geben die Eltern das Einverständnis, dass ihr Kind für pädagogische Zwecke fotografiert werden darf
•    Kinder dürfen keine digitalen Medien zum Schutz der anderen Kinder und des Personals mit in die Einrichtung nehmen (z.B. Smart Watch, Fotoapparat)
•    Bei Einladungen für Feste, Feiern und sonstigen Aktionen werden die Eltern darauf hingewiesen, dass Fotos und Videos auf denen andere Kinder und Personen abgebildet sind, in den sozialen Netzwerken nicht veröffentlicht werden dürfen
•    Beim Tag der offenen Türe werden alle Fotos der Kinder, von denen wir keine Genehmigung haben abgehängt, sodass Außenstehende keine Rückschlüsse ziehen können
•    In den Eingangsbereichen finden sich zwei Hinweise, dass das Fotografieren in der Einrichtung verboten ist – außer es ist nur das eigene Kind abgebildet
•    Alle Smartphones des Personals müssen während der Öffnungszeit unzugänglich aufbewahrt werden

6.3    Kinder


6.3.1    Unsere Erziehungshaltung
Prävention betrifft alle Bereiche der Gesellschaft, in denen Kinder ein Verhältnis besonderen Vertrauens aufbauen und zugleich in ihm abhängig sind. Das fördert eine Pädagogik, die der Stärkung der Persönlichkeit jeden einzelnen Kindes verpflichtet ist.
•    Regelmäßig bieten wir in Kooperation mit der ‚Beratungsstelle sexueller Missbrauch‘ das Präventionsprogramm „Kinder stark machen“ für die fünf bis sechs Jährigen (zweites und letztes Kindergartenjahr) an. Es findet in Begleitung einer pädagogischen Fachkraft aus jeder Kindergartengruppe statt. Dieses Angebot ist freiwillig
•    Wir animieren und bestärken die Kinder zum Neinsagen, wenn ihnen etwas unangenehm ist
•    Hilfe holen ist kein Petzen
•    Jahrespraktikanten*innen werden angeleitet, eine pädagogische Grundhaltung in der praktischen Auseinandersetzung mit ihrer jeweiligen Zielgruppe (Krippen- bzw. Kindergartenbereich) zu erwerben. Hierzu zählen pädagogische, pflegerische und hauswirtschaftliche Tätigkeiten
•    Das Personal ist aufmerksam, nimmt die Kinder ernst, beobachtet, setzt Grenzen, greift bei Bedarf ein und achtet die Kinderrechte. Grenzen sind psychische und physische Übergriffe gegenüber sich selbst (das Kind klettert über den Zaun und bringt sich dadurch in Gefahr), gegenüber anderen (das Kind beißt ein anderes Kind) und gegenüber Dritten (das Kind wird von anderen beschimpft)
•    In regelmäßigen Abständen halten wir Kinderkonferenzen zum Wohl und zur Mitbestimmung ab
•    Verbale Angriffe von Eltern gegenüber den eigenen Kindern oder fremden Kindern werden von uns wahrgenommen und unterbunden


6.3.2    Macht und Adultismus
Macht ist, die Gesamtheit der Mittel und Kräfte, die jemandem oder einer Sache anderen gegenüber zur Verfügung stehen. 
Außerdem muss man unterscheiden zwischen schützender Macht und Unterdrückender Macht. Schützende Macht definiert, dass die Handlungen auf das Wohl des Kindes ausgerichtet sind und die Würde des Kindes geachtet wird. 


Die unterdrückende Macht definiert, wenn der Erwachsene (mehr) von Handlung profitiert als das Kind.
•    die Mobilisierungsmacht („Dann gehen wir ohne Dich in den Garten.“)
•    die Verfügungsmacht („Stopp, dafür bist du noch zu klein.“)
•    die Handlungs- und Gestaltungsmacht („Du musst das Lätzchen anziehen, sonst bekommst Du kein Essen“)
•    die Definitions- und Deutungsmacht („Du bist doch kein Baby mehr.“)


Adultismus ist eine besondere Form von Macht und Gewalt. “Vielfach gehen wir aufgrund des Alters eines Menschen davon aus, von vornherein zu wissen, wie ein Mensch ist, was er kann oder nicht kann. Unter dieser Form der Diskriminierung leiden vor allem Kinder, aber auch Jugendliche und alte Menschen.
Die Diskriminierung von Kindern und Jugendlichen wird auch Adultismus genannt. Der Begriff Adultismus (engl. „adultism“) ist eine Herleitung des englischen Wortes „adult“ für Erwachsene und der Endung -im oder -ismus als Kennzeichnung eines gesellschaftlich verankerten Machtsystems. 
Adultismus beschreibt die Machtungleichheit zwischen Kindern und Erwachsenen und infolgedessen die Diskriminierung jüngerer Menschen allein aufgrund ihres Alters.
Konkret werden zum Beispiel Ideen und Meinungen von Kindern und Jugendlichen oft ignoriert oder mit der Begründung nicht ernst genommen, sie seien zu jung.
Adultismus ist wahrscheinlich die einzige Diskriminierungsform, die jeder Erwachsene selbst erlebt hat. Sie ist so alltäglich, dass wir die Art und Weise, wie wir Kinder behandeln, oder wie wir selbst als Kinder behandelt wurden, nicht oft in Frage stellen. Die Gründe liegen auch hier in der Sichtweise auf Kindheit und das Kind und der Annahme, dass das uns bekannte Gefüge zwischen „Erwachsenen“ und „Kindern“ wohl „natürlich“ ist. Adultismus ist oft die erste Form von Diskriminierung, die Menschen erleben. Kinder lernen hier früh, dass die Abwertung und Unterdrückung anderer in Ordnung ist.“ (Aus Caritasverband für die Diözese Augsburg e.V., Referat Kindertageseinrichtungen, Stand 2022-03).


6.3.3    Sexualpädagogik
Kinder sind von Anfang an bereits im Mutterleib sexuelle Wesen, ihre Kindliche Sexualität ist spontan, ichbezogen und niemals auf eine andere Person ausgerichtet. Außerdem gehört zur kindlichen Sexualität, dass Mädchen und Jungen ihre Körperöffnungen erkunden. Das alles hat mit Interesse am Entdecken zu tun und ist Teil kindlicher Sexualität.
Die Selbstbefriedigung ist Teil der kindlichen Entwicklung. Es ist normal, dass sich ein Kind sexuell selbstbefriedigt. Wirkt diese Selbstbefriedigung jedoch krankhaft, ist ein genaueres Hinsehen seitens der pädagogischen Kräfte notwendig, um das Hintergrundverhalten zu klären.
•    Mädchen und Jungen probieren aus, erleben mit allen Sinnen, was ihnen gefällt und tun sich dabei nicht weh.
•    Sexualität läuft nicht triebgesteuert ab.
•    Doktorspiele sind von sexuellen Übergriffen zu unterscheiden.
•    Doktorspiele erfolgen freiwillig und gewaltlos, ohne dass ein Kind ein anderes zu etwas zwingt.
•    Geschlechtsteile werden bei ihren Namen genannt.
•    Die Kinder verfügen über das richtige Vokabular zur Schwangerschaft, Geburt und Babys.
•    Die Kinder können über (un-)angenehme Gefühle in Bezug auf den eigenen Körper sprechen.
•    Die Kinder können ihre eigenen Bedürfnisse, Grenzen und Wünsche ausdrücken und mitteilen.
•    Die Kinder sind sich Bewusst, wo Berührungen in Ordnung sind.


6.3.4    Partizipation
Unter Partizipation verstehen wir das Einbeziehen der Kinder in Entscheidungs- und Willensbildungsprozesse.
•    In gewissen Situationen, z.B. bei Doktorspielen die Kinder beobachten und gegebenenfalls nach den Grenzen der Kinder fragen. (z.B. beim Spiel „Fieber messen“) 
•    Jedes Kind hat das Recht selbst zu entscheiden, wer ihm beim Toilettengang, Umziehen oder Wickeln begleiten und unterstützen darf.
•    Hilfestellung beim Toilettengang: Das Kind entscheidet selbst, ob es Hilfe braucht oder nicht.
•    Wenn Eltern Grenzen ziehen, müssen wir das akzeptieren (z.B. das Kind soll allein auf die Toilette gehen). Wenn das Kind nicht damit einverstanden ist, wird es von uns akzeptiert und wir suchen das Gespräch mit den Eltern.


6.3.5    Nähe und Distanz
Das pädagogische Personal bekommt durch das Schutzkonzept eine Handlungssicherheit, was in der Einrichtung in Ordnung ist und was nicht. Somit sinkt die Gefahr von unbeabsichtigten Grenzüberschreitungen. 
Grenzüberschreitungen durch das pädagogische Personal können besser erkannt werden, wenn vorher klar ist, wie ein gewünschtes Verhalten aussieht.
•    Kosenamen werden nicht verwendet, die Kinder werden grundsätzlich beim Namen genannt.
•    Abkürzungen der Kindernamen sind mit Einverständnis der Eltern und des Kindes in Ordnung.
•    Das pädagogische Personal küsst keine Kinder und lässt sich nicht küssen.
Bei Küssen von Kindern wird das Kind altersgemäß auf die nötige Distanz hingewiesen.
•    Bei Bedarf (trösten, Ablösungsphase, Sorgen …) ist das Schoßsitzen und in den/auf den Arm nehmen erlaubt. Krippenkinder brauchen mehr Nähe. Das Bedürfnis sollte vom Kind ausgehen, nicht vom Erwachsenen.
•    Beim Toilettengang der Kinder halten Jungen ihr Glied selbst in die Toilette. Beim Stuhlgang ist Hilfe beim Abwischen in Ordnung (mit Handschuhen). 
•    Der Genitalbereich der Kinder wird beim Toilettengang nicht abgetrocknet.
•    Beim Wickeln ist es wichtig, den Kindern einen gewissen Schutzraum zu gewähren (Intimsphäre). z.B. geschlossene Türen im Wickelbereich – Schild an die Außenseite der Türe: Hier wird gewickelt.
•    Bei der Schlafsituation ist es in Ordnung, die Hand zu halten, über den Kopf zu streicheln und bei Einschlafproblemen in den/auf den Arm zu nehmen.
•    Es wird nicht an die Brüste/Genitalbereich des pädagogischen Personals gefasst.
•    Jedes Kind hat ein anderes Distanzempfinden und das Recht, dass dieses vom Gegenüber (Kinder oder Erwachsene) eingehalten wird. z.B. möchte nicht auf dem Schoß sitzen oder nicht berührt werden


6.4    Familie
In unserer Einrichtung ist Transparenz nicht nur ein Wort. Familien erhalten Klarheit darüber, was für den Schutz ihrer Kinder in der Einrichtung getan wird. Sie werden in ihrem Erziehungsverhalten begleitet und immer aktuell informiert.
•    Elternabend zum Thema „kindliche Sexualität“ bzw. Projekt „Kinder stark machen“
•    Familien haben Zugang zum Schutzkonzept und zur Konzeption (zugänglich in der kleinen Halle bzw. auf der Homepage)
•    Sorgen und Ängste werden ernst genommen. Eltern können immer auf uns zukommen, z.B. für ein sofortiges Gespräch
•    Wir klären Eltern darüber auf, dass „Nein“ sagen erlaubt ist und Kinder stark macht.
•    Hilfsmittel mit auf den Weg geben, z.B. Flyer, Telefonnummern von Erziehungsberatungsstellen, Logopäden, usw.
Für den Informationsaustausch finden Fachgespräche nach Bedarf statt.


6.5    Raumkonzept
In unserem Haus bieten wir den Kindern eine anregende Umgebung, die geschützte Rückzugsmöglichkeiten bietet und gleichzeitig offen ist für viele Lernerfahrungen. Die Räume sind so gestaltet, dass die Kinder sich darin wohl fühlen und ausreichend Anregungen bekommen, um wieder Neues auszuprobieren. 
Trotz der Rückzugsmöglichkeiten beobachten wir die Kinder aufmerksam. 
•    Nebenzimmer: Türen bleiben angelehnt, Rollos werden nur von den Erzieherinnen zugemacht.
•    Im Laufe des Tages finden immer wieder Kontrollgänge (Toilette, Gang, Halle) statt.
•    Nach der Bringzeit und Mittagszeit sind die Haus- und Terrassentüren geschlossen.
•    An den Kindertoiletten sind Türen angebracht. Die Kleidung bleibt außerhalb der Toilette an.
•    Im Garten: verteilt sich das Personal.
•    Bei Ausflügen achten wir darauf, dass die Kinder außerhalb des Sichtbereichs der anderen Kinder ihren Toilettengang erledigen.
•    Bei Wasserspielen im Garten ist darauf zu achten, dass sich die Kinder in einem geschützten Raum umziehen können und es dadurch keine Möglichkeit gibt, dass Kinder beim Umziehen von Außerhalb der Einrichtung fotografiert werden können.
•    Bei der Bringzeit sind die Kinder im Gruppenraum unter Aufsicht
•    Bei der Abholzeit findet ein Türdienst statt